HP gewinnen Viertelfinale des DFB-Futsal-Cups

Hamburg – Es waren zwei Reisegruppen, die sich am Samstag auf den Weg aus Hamburg in Richtung Nordrhein-Westfalen machten. Beide wurden im Laufe des Wochenendes immer wieder für echte Kölner gehalten, was unter anderem daran lag, dass eine der beiden Reisegruppen tatsächlich der 1. Fußball-Club Köln war. Die andere setzte sich aus Spielern des 1. Futsal-Club Schwerte zusammen, den Holzpfosten. Sowohl die Kölner, als auch die Schwerter hatten in ihrer Partie jeweils sechs Gegentore kassiert. Doch die Stimmung unter den Reisenden hätte unterschiedlicher kaum sein können.

Die Kölner sollen während ihrer Rückfahrt nach dem 2:6 beim Hamburger SV recht ruhig gewesen sein. Im Schwerter Reisebus wurde der 8:6-Erfolg beim MSV Hamburg dagegen ausgelassen gefeiert. Die ganze Nacht lang erklangen Liebesbekundungen an einzelne Spieler („Dillinger, mein Herz schlägt für den Dillinger“) oder vorfreudige Gesänge („Pfosten holn die Meisterschaft, am Nürburgring, April 9/8, wir sind ne Macht“) – und dieses eine Lied, dass bei dem einen oder anderen Glas Bier eben besonders leicht über die Lippen geht und das die eine mit der anderen Reisegruppe verband: „Eeeeeerster Fußball-Club Köööööln, zweiter Fußball-Club Köööln, dritter Fußball-Club Köööööln…“ usw. Fans, die vorgaben, noch zählen zu können, behaupteten später, man hätte es bis zum 168. Fußball-Club Köln geschafft. Das sei Weltrekord.

Die, die nicht sangen, schliefen oder gingen die knappen zwei Stunden Futsal, die sie vorher in der Sporthalle am Wirtschaftsgymnasium St. Pauli erlebt hatten. Nicht mal 30 Meter entfernt vom Eingang zum Stadion des Bundesligisten, lieferten die Holzpfosten selbst eine Bundesliga-reife Leistung ab. Vor allem in den ersten Minuten des Spiels, setzten sie alles das um, was sie sich vorgenommen hatten: Kompakt stehen, Pässe erahnen und erobern und dann blitzschnell kontern. Viele Mannschaften können das. Doch nur wenige schließen die Konter dann auch so ab, wie Spielertrainer Nils Klems. Schon weit zur rechten Torauslinie abgedrängt, piekte er den Ball die Gesetze der Physik außer Acht lassend und mit dem „schwachen“ Rechten ins linke obere Eck: 1:0. Baumdick legte per Abstauber das 2:0 nach, nach zuvor trainiertem Seitenwechsel per Lupfer, perfekter Annahme von Thiele und dem Schuss von Woort. Und als Hueck zum 3:0 einschob, nachdem er von Ahrens bedient wurde, zeigten alle Zeichen auf Überraschung.

Selbst als kurz vor der Pause noch das 1:3 fiel, ein abgefälschter Fernschuss, wollte bei den Hamburgern keine echte Euphorie aufkommen. Zu stark agierten die Holzpfosten in der Defensive, zu effizient hatten sie bis dahin ihre Konter gesetzt. Genau diese sorgten in der zweiten Halbzeit aber nicht mehr für genug Entlastung. Der Ballbesitz lag nun fast komplett beim Hamburger Team, dass folgerichtig durch eine Einzelaktion den Anschlusstreffer erzielte. Das Game-Changing-Moment lag beim MSV, doch eine Unbeherrschtheit eines Hamburgers führte zu einem Platzverweis mit anschließender Zwei-Minuten-Überzahl der Holzpfosten. Thiele nutzte sie nach einem zunächst abgewehrten Schröder-Schuss zur 4:2-Führung.

Es folgten dramatische Schlussminuten und zum Leidwesen der Holzpfosten auch -sekunden. Zunächst kam Hamburg durch einen Zehnmeter zum erneuten Anschlusstreffer. Der Rest war Kampf pur. Eine Schlusssekunde zeigte die Uhr an, als Hamburg einen letzten Einkick zugesprochen bekam. Ein schneller Pass, ein Schuss, die Sirene, der Ball im Holzpfosten-Tor. War das gerade wirklich passiert? Die Schiedsrichter bestätigten: „Wenn der Schuss vor der Sirene kommt, ist es wie beim Basketball, dann zählt das Tor.“

Hamburg jubelte, als hätten sie gerade das Ticket zum Final-Four am Nürburgring gelöst. Doch es waren noch insgesamt zehn Minuten zu spielen, zweimal fünf in der Verlängerung. In diese kam der MSV deutlich besser, wenige Sekunden waren gespielt, als Hamburg erstmals in diesem Viertelfinale in Führung ging. Der KO für Schwerte? Mitnichten! Wieder war es der starke Thiele, der die Pfosten zurück ins Spiel brachte, dass wenig später aber einen erneuten Rückschlag bereithielt. Erneut hatte Hamburgs 4:4-Torschütze Dönmez freie Schussbahn und traf in exakt das gleiche Eck zur 6:5-Führung.

Die Holzpfosten reagierten, nahmen Torwart Otto jetzt immer häufiger mit in ihr Angriffsspiel auf, aber auch das Risiko eines Weitschuss-Tores bei Ballverlust in Kauf. Einen selbstverschuldeten Zehnmeter hielt Otto kurz vor der Pause. Was dann passierte bezeichnete Otto später als „Holzpfosten-Flow“. Innerhalb von wenigen Sekunden füllten die Schwerter durch aggressives Angriffsspiel das Foul-Konto der Hamburger auf und hatten ihrerseits zwei Zehnmeter-Chancen. Und obwohl Thiele und Kunsmann beide am stark reagierenden Torhüter scheiterten, hatten sie jetzt wieder die Oberhand. Dem Ausgleich von Ruggio nach Eckenvariante folgte Thieles Hammer, in dem alles drin lag, was Holzpfosten ausmacht: Wille, Kraft und ganz viel Herz. Als Ruggio mit seinem zweiten Treffer das 8:6 markierte, blieben den Hamburgern nur noch 26 Sekunden – und als Nils Klems den Ball beim zweiten MSV-Angriffsversuch erneut gewann und davontrug, war der Triumph der Schwerter endlich perfekt.

Es folgte unnachahmlicher Jubel – und ein Busfahrt, die dem 168. Fußball-Club Köln alle Ehre machen würde.

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